Räuchern mit heimischen Kräutern – Die Verbindung von Kultur und Natur erleben
Von der steinzeitlichen Höhle bis heute wird rund um die Erde geräuchert
Das Räuchern zählt zu den ältesten Ritualen der Menschheit. Dem Rauch werden dabei magische und medizinische Eigenschaften nachgesagt. Damals wie heute wurden und werden am Feuer verschiedene Kräuter, Harze, Hölzer, Blätter, Nadeln, Beeren und Wurzeln verräuchert.
Vor Millionen von Jahren geschah das Räuchern eher aus Zufall. Landeten Kräuter oder besondere Hölzer und Harze im Feuer, verbreitete sich wohlriechender Rauch. Als die Menschen vor etwa 400.000 Jahren lernten, durch Funkenschlag gezielt Feuer zu erzeugen, konnten sie auch das Räuchern bewusst erzeugen. Die Menschen erkannten bald, dass der dabei entstehende Duft Einfluss auf die Stimmung der Anwesenden hat.
Heute verwenden wir zum Räuchern meist ein Stück Kohle oder eine Kerze unter einem Stövchen. Auch Räucherstäbchen oder -kegelchen werden gerne verbrannt. In den unterschiedlichen Kulturen und Erdteilen liefen die Entwicklungen ähnlich ab, nur die Rohstoffe und die Begriffe rund um die Zeremonien unterscheiden sich.
Räuchern – heilende Zeremonie seit dem Altertum
Durch ganz Arabien zogen Karawanen mit wertvollen Gütern, wie Seidenstoffe und Gewürze, wobei diese damals meist zum Räuchern verwendet wurden. Schon damals war der Oman berühmt für seinen Weihrauch aus 1001 Nacht. In Mesopotamien wurden dazu jährlich 2600 Kilogramm Weihrauch verbrannt (2.250 v.Chr.). Auch im alten Rom wurde Weihrauch und Styrax hoch geschätzt und es war ein Privileg, sich die teuren Räucherzutaten leisten zu können.
Im alten Ägypten wurden die Kranken oder nur bestimmte erkrankte Körperregionen beräuchert. Ebenso stellten die Ägypter und stellen immer noch mit Begeisterung so genannte Kyphi- Räucher- Kugeln her, deren Hauptbestandteil der Weihrauch ist, der mit Gewürzen und Blüten verfeinert wird.
Die Schamanen in den afrikanischen und südamerikanischen Kulturen heilen ebenfalls seit Urzeiten mit dem Rauch bestimmter Räucherpflanzen, indem sie diesen auf die betroffenen Stellen der Kranken blasen. In Indien bildet das Räuchern einen wichtigen Teil in der ayurvedischen Medizin, wozu ausgewählte Räucherstoffe bei bestimmten Erkrankungen verwendet werden. Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) setzt das Räuchern seit langem in der Moxabustion-Therapie ein, bei der aus Beifuß bestehende Moxakegel oder Moxastäbe (zigarrenförmige Stangen) nach dem Entzünden auf bestimmte Akupunkturpunkte des Körpers gestellt oder dicht darüber gehalten werden.
Aus Nordeuropa ist uns der Druide aus Asterix bekannt. Hier verfügten die Druiden der Kelten über ein umfassendes Wissen über Heil- und Räucherpflanzen, das sich bis heute teilweise erhalten hat.
Bei uns im westlichen Kulturkreis gehörte das Räuchern bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts zum festen Bestandteil in der Medizin bzw. Volksheilkunde. Dazu wurden in Apotheken unterschiedliche Räuchermischungen für Heilzwecke verkauft.
Räucherstoffe rund um die Welt
In unterschiedlichen Kulturen und Erdteilen wird geräuchert, doch die Rohstoffe und die Zeremonien unterscheiden sich.
Indien ist bekannt für die Fülle an Düften, die meist für Sinnesfreuden verwendet wurden, wie Sandelholz, Guggul, Patchuli und Weihrauch. In Amerika herrschte die indianische Tradition, der Medizinmann jedes Stammes räucherte mit weißem Salbei und Süßgras. Aus Südamerika stammt das Copal Harz und die Tonkabohne. Koh Du Zeremonie (der Weg des Duftes) heißt das Räuchern in Japan.
Viele der keltischen Traditionen haben sich im europäischen Kulturkreis bis heute bewahrt und sind wieder im Kommen: wie das Zelebrieren der Raunächte. Die Nächte zwischen dem 21./22. Dezember und dem 05./06. Januar sind mit vielen Mythen und Geschichten belegt, die mit Räucherungen begleitet wurden und werden. Bei uns in Bayern ist vor allem die Räucherung von Haus, Hof und Stallungen am 06. Januar fest im traditionellen Leben verankert. Viele Feste, die schon in früheren Kulturen in den Jahreskreis eingebunden waren, wurden später in den Jahreskreis der christliche Feste integriert. Ein Beispiel ist das Binden von Räucherbuschen am 15. August, früher Schnitterfest genannt, heute Maria Himmelfahrt.
Das Harz des Weihrauchs ist wohl der bekannteste Räucherstoff. Weihrauch war im Altertum als Heilmittel begehrt und zugleich ein teures Handelsgut. Seine Geschichte sowie die Art seiner Anwendungen lassen sich bis ungefähr 5.000 vor Christus zurückverfolgen. Lange Zeit war die Herkunft des Weihrauchs ein bestens behütetes Geheimnis. Das begehrte Harz wurde auf der Weihrauchstraße durch die Arabische Halbinsel gen Norden transportiert. Weihrauch (und auch Myrrhe) brauchen ganz bestimmte Boden- und Klima-Eigenschaften. Daher gedeihen die knorrigen Strauchgewächse nur an wenigen Orten der Erde, in Südarabien, Somalia, Oman und an wenigen Stellen in Indien.
In Europa wurde Weihrauch durch das Neue Testament bekannt, die heiligen drei Könige brachten dem Christuskind Gold, Weihrauch und Myrre als Geschenke mit. So fand der Weihrauch Einzug in die Liturgie der katholischen Kirche. Sein Duft prägt heute die Luft und die Atmosphäre nahezu jeder Kirche, er hat sich über die vielen Jahre im Mauerwerk verewigt.
Heimische Räucherpflanzen
Viele unserer heimischen Wildpflanzen und Kulturkräuter lassen sich wunderbar zum Räuchern verwenden. Einige Beispiele für Kräuter sind: Baldrian, Beifuß, Dost, Eisenkraut, Engelwurz, Frauenmantel, Hopfen, Johanniskraut, Kamille, Königskerze (heißt auch Wetterkerze), Mädesüß, Mariengras, Mistel, Quendel, Rainfarn, Rose, Schafgarbe, Mohn und Ysop. Hölzer, Harze und Nadeln werden von Fichten, Kiefern, Tanne, Lärche, Wacholder, Eiben, Eschen oder Holunder gewonnen. Beeren von Wacholder werden seit jeher verwendet. Ein ganz besonderer Räucherstoff ist das rohe Propolis der Bienen.
Die allermeisten dieser Pflanzen werden vielfältig verwendet. Neben dem Räuchern, werden sie als Tee, Badezusätze oder zum Würzen verwendet.
Viele ehemals südländische Pflanzenarten haben in unsere Gärten und Einzug gehalten und sind aus der Küche und auch aus den Räucherschalen nicht mehr wegzudenken. Beispiele sind Lavendel, Lorbeer, Rosmarin, Salbei oder Thymian.
Wirkung heimischer Räucherpflanzen
Dem Räuchern wird bereits seit jeher eine desinfizierende Wirkung nachgesagt: während der Pest in Europa führten die damaligen Ärzte Räucherungen durch. Zu den traditionellen Räucherstoffen, denen eine reinigende bzw. desinfizierende Wirkung nachgesagt wird, gehören unter anderem Beifuß, Fichtenharz, Huflattich, Kampfer, Kiefer, Lavendel, Lungenkraut, Myrrhe, Rainfarn, Rosmarin, Thymian, Wacholder und Weihrauch.
Ebenso wurden verschiedene Pflanzen zur Schädlingsbekämpfung und zum Vertreiben von Motten verräuchert. Besonders wichtig waren Wetterpflanzen und Wettersegen, da die Menschen und die Ernte vom Wetter abhängig waren. Dazu wurden vor allem heimische Räucherpflanzen, wie die Königskerze, auch Wetterkerze genannt, verwendet.
Johanniskraut, Beifuß, Eisenkraut, Ziest, Schafgarbe und Rainfarn wuchsen und wachsen auch an Plätzen, die aufgrund ihrer Trockenheit und Nährstoffarmut für viele Pflanzen schwierig zu besiedeln sind. Dort bieten bunte Wiesen als angewandter Naturschutz Platz für Insekten. Gesammelt und getrocknet können sie zum Räuchern verwendet, der Duft entspannt die Atmosphäre.
Ebenso eignen sich auch viele Kräuter zum Räuchern, die als geschätzte Gewürzpflanzen kultiviert werden, wie die Minzen: auf feuchten Böden wachsen sie üppig, gleichzeitig bieten die Blütenrispen bis weit in den Herbst hinein Nahrung für viele Insekten und (Wild-) Bienen. In der Küche passen sie nicht nur zu vielen Speisen, sondern reinigen und erfrischen beim Räuchern auch die Luft.
Gartengestaltung mit heimischen Räucherpflanzen
Viele Räucherpflanzen lassen sich sehr gut in unsere Gärten integrieren. Ein vollsonniger Platz mit magerem Boden eignet sich hervorragend für die Kultur der meisten Arten. Die meisten wachsen als mehrjährige Stauden. Vormittags, wenn die Pflanzen abgetrocknet sind, empfiehlt sich die Ernte. Zum Trocknen werden sie an einen warmen, schattigen Platz mit guter Luftzirkulation gehängt.
Die Vielfalt und Fülle der Blüten, die Einzug in den Garten hält, stellt ein Eldorado für eine Vielzahl an Insekten dar. Vor allem (Wild-)Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Käfer und viele weitere Insekten besuchen die Blüten und lassen sich gut beobachten. Gerade private Gärten, ob klein oder groß, und Balkone werden aus naturschutzfachlicher Sicht aus „Trittsteine“ bezeichnet. Das bedeutet, dass für Insekten wieder ein flächendeckendes Nahrungsangebot zur Verfügung steht. Für die Verbreitung dieser Arten und auch für die Wanderungen zwischen Naturschutzgebieten sind diese Trittsteine unersetzlich.
Wir sind eingeladen, die Fülle der Kräuter zu genießen und zu ernten. Wenn wir dabei immer nur die Hälfte der Blüten abschneiden, bleibt die andere Hälfte für die Natur erhalten.
Tipps zu insektenfreundlichen Garten- und Räucherpflanzen
Ein paar ausgewählte Pflanzen, die gleichzeitig als Nahrungsstation für Insekten dienen und bestens zum Räuchern geeignet sind, möchten wir hier zeigen:
Die Staude „Herzgespann“ ist eine sehr alte mehrjährige Kulturstaude, die sich unkompliziert in nährstoffreichen Böden und in sonnigen Lagen anpflanzen lässt. Man fand sie in vielen Bauerngärten. Aus ihren Blättern kann Tee zubereitet werden. Für das Räuchern eignen sich die Blätter, vor allem aber die Blütenrispen. Ihre Blütenstände blühen von Frühling bis weit in den Herbst, weil sie nach oben immer neue Blütenkränze bilden. Diese sind bei Hummeln und allen anderen Insekten sehr beliebt. Beim Räuchern wirkt das Herzgespann entspannend und ausgleichend.
Wilder Oregano, auch „Dost“ genannt wächst auf mageren Standorten in der vollen Sonne. Die Pflanze wird ca. 50 cm hoch und bildet lila-farbene, doldige Blütenstände. Bei Insekten sind die langlebigen Blüten sehr beliebt. Die Pflanze kann zum Würzen verwendet werden. Sie ist zudem ein Allrounder in der Volksheilkunde. Er soll gegen Blähungen, Durchfall, Krämpfe, Nervenschwäche, Appetitlosigkeit, Gallenschmerzen, Bronchitis, Magenschmerzen oder in Keuchhustenbädern helfen. Beim Räuchern schützt er vor allem vor negativen Energien, reinigt und harmonisiert. Er verströmt sie einen leicht balsamischen Duft.
„Salbei“ wächst als mehrjährige Staude an nährstoffreichen, warmen Standorten ohne Staunässe. Die prächtigen lila Lippenblüten liefern Insekten Nahrung und schmecken auch für uns Menschen lecker. Die Blätter können zum Würzen, als Tee oder als reinigende Räucherzutat verwendet werden. Dabei vertreibt der Salbei sowohl Küchengerüche, als auch schlechte Stimmung und weckt unseren Geist auf. Es können auch Räuchersticks hergestellt werden.
Holunder oder „Holler“, findet man an Waldrändern und in Wildhecken auf nährstoffreichen Böden. Die Pflanze galt in den Volkssagen als schützend und Tor zur „Anderswelt“ (Märchen Frau Holle). Verwendet werden in der bayerischen Küche die Blüten für Hollerkücherl, Tee, Hollersekt oder -Sirup. Zum Räuchern eignen sich die duftenden Blütenstände ebenfalls (Sammelzeit von Mai bis Juni) und das Mark vom geschnittenen Holz. Beim Räuchern wirkt Holunder selbstwertstärkend und er stärkt die Wahrnehmung.
Räuchermischungen für Zuhause
Gerne können Sie selbst daheim einige Räucherungen ausprobieren. Dazu möchten wir Ihnen ein paar von uns selbst erprobte Mischungen vorstellen:
Gemütlicher Winterabend: 1 Teil Weihrauch, 1 Teil Myrrhe, 1/3 Zimtstange in kleinen Teilen und 2 Kapseln Kardamom
Zum Relaxen I: 1 Teil Weihrauch und 2 ganze Sternanis-Sternchen
Zum Relaxen II: 1 Teil Weihrauch, 1 Teil Myrrhe, 2 Teile Kamillenblüten, 1 Teil Lavendel, 1 Teil Rose oder eine andere Blüte
Erfrischende Brise: 1 Teil Copal bianco, 1 Teil Zitronengras klein geschnitten, 1 Teil getrocknete Orangenzeste und eine Blüte ihrer Wahl (zum Beispiel Königskerze oder Rose)
Frühlingsluft: 1 Teil Copal bianco, 2 Teile Holunderdolden
Die Mischungen eignen sich sowohl für das Räuchern auf einem Stövchen, als auch auf Kohle